Mittwoch, 29. Dezember 2010

Des Universitators gescheite Rhetorikschule - Part III: Bestes Selbstvertrauen


(Foto: Christian Lendl, CC BY-SA 3.0)
Der geschickte Universitator lädt heute eine Geistesgröße zum Gastvortrag: Das Steuer der Selbstsicherheit für einen Moment aus der Hand, es einem anderen, einem, der man nicht schon selbst ist, anheimzugeben, macht ihn, er gesteht es nur sich selbst, unsicher. Er wippt (unmerklich, aber mit Risiko!) auf den Fußspitzen hin und her und drückt innerlich die Daumen, dass das nicht in die Hose geht, was sein Genosse da vorbereitet hat. Der liest vom Blatt [Naja, kann wenigstens schon nicht so viel schiefgehen...].

"Da alle Kommunikation, ja jedes sichtbare Verhalten, etwas aussagt über den, der sich verhält, ist Kommunikation, ja schon das Gesehenwerden schlechthin, ein riskantes Unternehmen, das der Absicherung bedarf. Immer gibt der einzelne durch sein Verhalten mehr Aufschluss über sich selbst, als er mit seinem idealen Selbst abstimmen kann und bewußt mitteilen will. Schon das Erscheinen überhaupt setzt daher ein Mindestmaß an Vertrauen voraus, nämlich das Vertrauen, nicht fehlgedeutet zu werden, sondern im großen und ganzen so angenommen zu werden, wie man sich zu zeigen wünscht. Es gibt Menschen, die diese Vertrauensbedingung so stark erleben, daß ihnen schon das bloße Anwesendsein und erst recht alles Handeln in Gegenwart anderer Schwierigkeiten bereitet. Ihr Aktionsradius ist, mangels Vertrauen, entsprechend begrenzt. Ihre Unfähigkeit, Vertrauen zu erweisen, begrenzt dann auch ihre Möglichkeit, Vertrauen zu erwerben. Das Handlungspotential wächst in dem Maße, als das Vertrauen wächst - das Vertrauen in die eigene Selbstdarstellung und in die Fremdinterpretation der eigenen Selsbtdarstellung. Mit diesem Vertrauen werden neuartige Verhaltensweisen möglich: Scherze, unvertraute Initiativen, Schroffheiten, abgekürzte Sprechweise, wohlplaciertes Schweigen, Wahl heikler Themen usw., durch deren Bewährung sich Vertrauenskapital ansammeln läßt."

(Luhmann, Vertrauen. Ein Mechanismus zur Reduktion sozialer Komplexität, 49)

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