Freitag, 3. Juni 2011

Ein-Satz-Autor-Theorie (ESAT)

Frei nach Bloch/Wittgenstein/Nietzsche:


Worüber man nicht verfügen kann, darüber muss man schreiben.

1 Kommentar:

  1. "... schreiben, 'etwas über Wittgenstein', und ich habe diesen Gedanken seit zwei Wochen, also dem Tag meiner Rückkehr aus Bruxelles, im Kopf -, jetzt bin ich wieder auf Reisen, Ragusa, Beograd, Roma etc., und die Schwierigkeit, über Wittgensteins Philosophie und vor allem Poesie, denn meiner Ansicht nach handelt es sich bei Wittgenstein um ein durch und durch poetisches Gehirn ..., um ein philosophisches Hirn also, nicht um einen Philosophen, zu schreiben, ist die größte. Es ist, als würde ich über mich selbst etwas (Sätze!) schreiben müssen, und das geht nicht. ...
    Die Frage ist nicht: schreibe ich über Wittgenstein. Die Frage ist: bin ich Wittgenstein einen Augenblick, ohne ihn (W.) oder mich (B.) zu zerstören. Diese Frage kann ich nicht beantworten und also kann ich nicht über Wittgenstein schreiben. - ...
    Was Wittgenstein betrifft: er ist die Reinheit Stifters, Klarheit Kants in einem und seit (mit ihm) der Größte. Was wir durch Novalis, den deutschen, nicht gehabt haben, ist uns jetzt Wittgenstein - und ein Satz noch: W. ist eine Frage, die nicht beantwortet werden kann - dadurch ist er eins mit jener Stufe, die Antworten (und Antwort) ausschließt. ...
    So schreibe ich nicht über Wittgenstein, weil ich nicht kann, sondern weil ich ihn nicht beantworten kann, woraus sich alles von selbst erklärt.

    Mit besten Grüßen, allen Wünschen,

    Ihr Thomas Bernhard"

    Ders., Brief vom 2.3.1971 an Frau Dr. Spiel, in: ders., Der Wahrheit auf der Spur. Reden, Leserbriefe, Interviews, Feuilletons, Frankfurt a.M. 2011, S. 83 f.

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