Samstag, 16. Juli 2011

Was tun bei "Referenzverlust"? - "Das Problem (einfach) durch weitere Unterscheidungen auflösen"!


Der Ununterscheidbare versucht sich als theoretischer Beruhiger für von philosophischen Fragen hektisch überhitzte Gehirne:

Eine soziologische Erklärung hat die Form: "Du gebrauchst die falsche Unterscheidung." 

"Die Formel »Referenzverlust« -- manche sagen »Erfahrungsverlust« oder noch drastischer »Sinnverlust«, und einige glauben sogar, daß andere nicht mehr an ihren Körper glauben -- die Formel Referenzverlust faßt wie in einem Brennspiegel das zusammen, was die Distanz zur alteuropäischen Tradition ausmacht. Die Formel ist jedoch zu kompakt und zu negativ, um Zukunftsperspektiven zu erschließen. Was heißt, das diskutieren Philosophen, überhaupt »Referenz«, und was ist der Fall, wenn sie verloren geht? Was ist der »andere Fall«, der durch die Form der Formel »Referenzverlust« mitgemeint sein muß ? Um diesen Fragen nachgehen zu können, müssen wir das Problem durch weitere Unterscheidungen auflösen.
Die stillschweigende Unterstellung, ohne Referenz auf eine Außenwelt sei keine Wahrheit möglich (weil mit »Wahrheit« genau dies gemeint sei), hat zu endlosen und unergiebigen Diskussionen des Realismus-Problems geführt. Wenn aber die Operation des Referierens -- wir haben von Bezeichnen gesprochen -- selbst als eine reale Operation aufgefaßt werden muß, kann man nicht mehr ernsthaft meinen, real sei nur das, was sie bezeichnet (referiert). Allerdings genügt es nicht, dann bloß, auf die Gegenposition überzuwechseln und sich an die Realität der referierenden Operation zu halten. Denn diese ist für sich selbst unzugänglich, und sie wäre für einen Beobachter wiederum nur als etwas referierbar, was er bezeichnet. So kommt man nur zu der bereits laufenden Kontroverse zwischen Realismus und Konstruktivismus -- so als ob es sich um inkompatible Positionen handelte. 
Uns gilt die Unlösbarkeit eines so gestellten Problems als Indikator dafür, daß die moderne Gesellschaft ihr Erkenntnisproblem anders formulieren muß."

(Die Wissenschaft der Gesellschaft, 1990) 

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