Donnerstag, 15. Dezember 2011

"Hey, den Code kannst du da nicht einfach so draufdoppeln...!"


"...Aber die moralischen Pressionen müssen doch im Topf bleiben!" -- eine Mikrostudie systemtheoretischer Metaphorik

Wenn die Ethik jetzt als Universaltheorie der Moral auftreten will, muß sie auch sich selbst als ein moralisches Unternehmen darstellen; denn andernfalls würde ausgerechnet die Ethik im Kosmos der Moral ein Loch bilden, durch das die moralischen Pressionen entweichen und sich in den weiten Raum der Passionen und Interessen verlieren könnten. Um im Bild zu bleiben: die Ethik muß die Moral unter Druck halten und sich selbst als Grund dafür zur Verfügung stellen. Gleichwohl besteht ein quasi reflexartiges Bedürfnis nach einem archimedischen Punkt, nach einer das Gödel-Problem lösenden Transzendenz. Irgendwie (aber theoretisch besteht keine Einigkeit mehr) muß nachgewiesen werden, daß es für gutes Verhalten auch gute Gründe gebe. Oder anders gesagt: Der Positivwert des Codes wird draufgedoppelt und zugleich benutzt, um zu begründen, daß es gut sei, zwischen gut und schlecht oder zwischen gut und böse zu unterscheiden. Das Argument lautet sehr überzeugend: wo käme man hin, wenn die Unterscheidung gut/schlecht nicht mehr moralisch eingefordert werden könnte oder sogar (wie de Sade lehrt) als naturwidrig verboten werden müßte. Aber auch die gegenteilige Ansicht klingt plausibel: es sei höchst unmoralisch, moralische Wertungen zu benutzen, weil dies unweigerlich zu der Frage führe, aus welchen Gründen, Motiven und Interessen dies geschehe. Die Gründe für Berufung auf Moral sind eben nicht mehr ohne weiteres "gute" Gründe. Die Ethik selbst muß auf Gödel hören.
(Die Gesellschaft der Gesellschaft)

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