The aim of philosophy, abstractly formulated, is to understand how things in the broadest possible sense of the term hang together in the broadest possible sense of the term.
(Wilfrid Sellars)
(Wilfrid Sellars)
"Von draußen nach drinnen schauen." (Bild: Monkwhy; CC BY-NC-SA 2.0) |
Philosophische Erkenntnistheorien arbeitet häufig mit einer modellhaften Beschreibung dessen, was sie als den "wirklichen Erkenntnisprozeß" (Carnap, Der logische Aufbau der Welt) vorstellen. Was im Erkenntnisprozess wirklich geschehen könnte, bilden sie innerhalb ihrer Beschreibungen "nur in rationalisierender oder schematisierender Weise nach" (ebd.).
Man stellt beispielsweise ein Subjekt vor, das bestimmte Wahrnehmungsschemata instanziiert, die ihm entweder a priori (bzw. "hard-wired") oder vermittels eines Prozesses der Habitualisierung ("soft-wired") zukommen. Diese Wahrnehmungsschemata fungieren dann als Filtratoren zunächst neutraler oder chaotischer Sinnesdaten, die diesen erst ein semantisiertes, bedeutsames Gewand verleihen. Je nach theoretischer Vorliebe lassen sich verschieden Beschreibungen dieser neutralen Daten vorstellen: Entweder lässt sich vom Standpunkt der Subjekte aus nichts über sie aussagen, sofern die in ihnen instanziierten Wahrnehmungsschemata von den Subjekten selbst nicht beobachtet werden können: Die Wahrnehmungsschemata bezeichnen dann den "blinden Fleck" der eigenen Beobachtung (Kant kann sie beobachten!). Oder man unterscheidet zwischen einer (beobachtbaren?) neutralen Beobachtungsebene, die dann durch Semantisierungen erst überlagert wird. Etwa, indem man davon ausgeht, dass den Subjekten Wahrnehmungsgegenstände zunächst nur als ausgedehnte Körper gegeben sind, die erst in einem zweiten kulturell vermittelten Interpretationsschritt verschieden semantisiert werden können. Der quadratische schwarze Holzgegenstand wird dann erst durch einen kulturellen Lernprozess als "Würfel" identifizierbar, undsoweiter.
Eine andere Alternative ist, grundsätzlich vom Erkenntnissubjekt abzusehen und nicht nach dem Konstitutionsprozess alltäglicher Wahrnehmung zu fragen (der vermeintlich "hinter" dieser Wahrnehmungs selbst abläuft), sondern nach der Möglichkeit der Konstitution valider Theorien. Wer nach der Konstituierbarkeit valider Theorien fragt, fragt also nicht länger nach den Bedingungen der Möglichkeit evidenter Erfahrung, sondern nach den Bedingungen der Möglichkeit zuverlässiger Aussagen und Theorien ("semantic ascent", Quine). Das modellhaft vorgestellte Erkenntnissubjekt, das sich Gegenständen gegenüber sieht, wird in dieser Konzeption also durch Aussagen ausgetauscht, die als Axiome oder plausible Intuitionen an den Anfang der Theoriekonstitution treten sollen, die dann mithilfe weiterer Aussagen zu kohärenten Welt- oder Phänomenbeschreibungen ausgebaut werden können. Hier kann man dann seine Axiome entweder aus Alltagsbeschreibungen der Welt (ihrem "manifest image", Wilfrid Sellars) oder aus wissenschaftlichen Weltbeschreibungen (dem "scientific image") zu destillieren versuchen, etc.
Beiden Konzeptionen ist allerdings eigen, dass sie sich schon im ersten Schritt von der Gegenwart der Gegenwart verabschieden, um an ihre Stelle ein Modell dessen zu setzen, was eigentlich geschieht ("psychologistisch") oder eigentlich geschehen sollte ("anti-psychologistisch"). Statt zuerst die Tagseite der Gegenwart durch den Versuch auszuleuchten, zu beschreiben, was sich überhaupt zeigt ("Phänomenologie"), versuchen sie sich also direkt im Maschinenraum der Erkenntnis. Transzendentalistische Schematisierungstheorien (apriori oder aposteriori) und axiomatische Theoriekonstitutionstheorien etablieren damit immer eine Kluft zwischen dem, was sich auf der Vorderseite des Erkenntnisprozesses zeigt (bzw. zu zeigen scheint) und dem, was auf seiner dunklen Seite eigentlich passiert. Sie postulieren einen
„epistemologischen Bruch“ (Bachelard) zwischen ihrer Beschreibung von Erkenntnis und dem, was dem Einzelnen als Gegenwart geschieht. Daher informieren sie uns auch "niemals [über] unsere Dinge", weshalb es "ein Problem von großer philosophischer Tragweite [ist], ob sie überhaupt Dinge bezeichnen" (Bachelard).
Wir versuchen also, das Geschriebene erfahrend, vorzudringen in Bereiche tastender Vergewisserung, nicht in abstrakte Areale des Habens von Gedanken (psychologistisch), sondern in die Wüsteneien ihrer Findung, und das nicht am hellen Tag gut geprüfter Theorien (anti-psychologistisch), sondern in der Dämmerung von Stimmung, Ahnung und Mutmaßung (phänomenologisch).
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