Sonntag, 6. März 2011

Moritz Schlick lädt zum Dialog der Kulturen

"Aber uns ist klar: wenn das Formalisieren eine Krankheit ist, so kann niemand gesund sein, der überhaupt irgendeine Erkenntnis um ihrer selbst willen gewinnen will."

Wieviel Lebenszeit verschwenden wir nicht an die Auflösung zweitrangiger Missverständnisse. Wie oft haben wir uns gewünscht, dass mal einer im gemeinen Gewühl der Stimmen die Moderation an sich reißt, um in unseren gescheiterten Dialogen zu vermitteln? Einer, der die eine Seite so gut versteht wie die andere, der ein ausgewogenes Urteil fällen kann, dem wir ganz selbstverständlich und ohne Widerwillen folgen wollen?

Vielleicht ist Moritz Schlick ja unser Kanditat:
 
"Dem Physiker scheint es versagt zu sein, mit dem Dichter von einer grünen Wiese und einem blauen Himmel zu sprechen, oder mit dem Historiker von der Begeisterung eines Helden der Geschichte oder der Verzückung eines Religionsstifters. Es ist richtig, daß er diese Worte nicht verwendet, aber es ist nicht richtig, daß er mit Hilfe seines Begriffssystems prinzipiell nicht imstande wäre auch alles das auszudrücken, was den mitteilbaren Sinn der Äußerungen des Historikers und des Dichters bildet. Denn der Sinn jener vom Dichter oder Psychologen gebrauchten Worte kann unter allen Umständen nur durch Zurückgehen auf die formalen Beziehungen zwischen den Gegenständen angegeben und erklärt werden. Das Wort „grün" ist nicht reicher (im Gegenteil, sogar ärmer) als der Begriff der Frequenz der Lichtschwingungen, welchen der Physiker an seine Stelle setzt." [Aus: Erleben, Erkennen, Metaphysik]

Es mag vielleicht nicht jeder mit jedem können; aber der Physiker kann alle.

(Die Termine für die nächsten Kommunikationsseminare werden in Kürze bekanntgegeben.)

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