Mittwoch, 4. Januar 2012

"Kleine" philosophische Metaphernkunde




Mehr Problemverfeinerung als Ergebnislieferantin, mehr erkenntnistheoretische Fahrschule ohne Fahrlehrer als Kraftmeierei mit Thesen -- die Philosophie ist keine positive Wissenschaft. Auch Schiffereimetaphern helfen da wenig weiter, suggerieren auch nur, dass irgendwas Stehendes, Haltendes, Tragendes am Ende der Mühe entstehen soll:
Es gibt keine tabula rasa. Wie Schiffer sind wir, die ihr Schiff auf offener See umbauen müssen, ohne es jemals in einem Dock zerlegen und aus besten Bestandteilen neu errichten zu können.
(Otto Neurath, “Protokollsätze”) 
Haus- und Baummetaphern nicht besser, auch wenn dabei gelegentlich Bescheidenheit markiert wird:
Freilich fand es sich, daß, ob wir zwar einen Turm im Sinne hatten, der bis an den Himmel reichen sollte, der Vorrat der Materialien doch nur zu einem Wohnhause zureichte, welches zu unseren Geschäften auf der Ebene der Erfahrung gerade geräumig und hoch genug war, sie zu übersehen; [...].
(Kant, KdrV, B 735)
So wird sorgsam Stein zu Stein gefügt und ein sicherer Bau errichtet, an dem jede folgende Generation weiterschaffen kann. 
(Carnap, Der logische Aufbau der Welt, xiv)
Jene Ausbildung muß endlich vollendet, und das uns bestimmte Wohnhaus fertig werden.
(Fichte, Die Bestimmung des Menschen)
Ganz anders natürlich Bewëgungs-, Fluss- und Richtungsmetaphern. Ziel der Philosophie ist hier nicht mehr Zustand, sonden -- wer altbacken-esoterischen Slang nicht verabscheut -- selbst "Weg": "der Fliege den Weg aus dem Fliegenglas zeigen" -- also nicht: Ankommen, sondern: "unterwegs zur Lösung" sein. Wenn Zustand allenfalls dynamisch.

Dann vielleicht lieber Geschmacksmetaphorik? Das Fragen ist die Bekömmlichkeit des Denkens; wer dagegen wild herumbehauptet verdirbt sich schnell den Magen. Oder auch einfacher: Philosophie ist Essig.

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