Dienstag, 3. Januar 2012

"Links" von "Rechts" unterscheiden: Avantgarde-Konservativismen auf der Überholspur


Ein Stück echte Protesttheorie [Missstand; Freizeit; Kritikfähigeit; Protestgrad]; Quelle: fallen/legen
P.S. beobachtet Luhmann mithilfe des Schemas [konservativ/progressiv] und stößt auf die Einheit der Luhmann-Paradoxie. Das Publikum kann als ausgeschlossener Dritter nur hustend protestieren, will sich selbst am liebsten als progressiv beobachten und entdeckt sich auf einmal als Bewahrer der schönen guten alten Bestände wieder. [--> "Die Paradoxie des pseudoprogressiven Neokonservativismus"]
Luhmann fängt als gewöhnlicher Konservativer an, um mit der Zeit zu dem zu werden, was eine italienische Kolumne einen "Avantgarde-Konservativen" genannt hat. Man könnte auch sagen: zu einem Vertreter eines Genres von Denkern, die sich der Kunst, kein Priester zu sein, in einer bisher nicht gekannten Konsequenz gewidmet haben. Intellektuelle, die Luhmann nahestanden, haben hierzu bemerkt, er habe die vorgeblich "Linke" methodisch längst links überholt. Gerade weil Luhmann der rebellische oder revolutionäre Impuls existenziell fremd geblieben  ist, weil ihm das Wegräumenwollen von Hindernissen gegen expansive Ansprüche einer aufsteigenden oder expressiven Gruppensubjektivität auf vitaler Ebene unzugänglich schien, weil er durch eine unerklärliche Bescheidenheit für sich selbst und seine Umgebung nichts finden konnte, was unter allen Umständen umgewälzt und beseitigt werden sollte, war er -- wie kaum ein anderer -- dazu prädisponiert, sich freizumachen von allen naiv oder hypokritisch-parakletischen Rollen.
(Sloterdijk, Anwalt des Teufels)

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