[via punktumm ("proBst!"); Das Luhmann-Feature stammt aus den Vorlesungsmitschnitten zu "Einführung in die Systemtheorie", WS 1991/92, Bielefeld]
Stimme leider leise, daher hier bei Bedarf die Transkription:
„Die Vorlesung "Einführung in die Systemtheorie",
mit der ich heute beginne, wird an einer soziologischen Fakultät
gehalten und ist in erster Linie an ein soziologisches Publikum
adressiert. Die Frage, die wir gleich anfangs ins Auge fassen müssen,
ist jedoch, ob es so etwas wie "Systemtheorie" auf dem aktuellen Stand
der Forschung in der Soziologie heute überhaupt gibt. Die Soziologie
steckt in einer tiefen Theoriekrise, das kann man, glaube ich, ohne
viele Vorbehalte sagen. Wenn man Veranstaltungen über Theoriefragen in
der Soziologie besucht oder entsprechende Literatur liest, findet man
dominierend einen Rückgriff auf Klassiker, also Diskussionen über Max
Weber oder Karl Marx oder Georg Simmel oder Èmile Durkheim. Die heutigen
Soziologen sind durchaus nicht unkritisch gegenüber ihren klassischen
Grundlagen, aber irgendwie herrscht doch die Vorstellung vor, dass die
Konturen des Faches durch diesen klassischen Anfang bestimmt sind. Es
gibt einige middle-range-Theorien, die weit darüber hinausreichen und die
vor allen Dingen aus der empirischen Forschung entstanden sind, aber es gibt eigentlich nicht so etwas wie eine theoretische Beschreibung der Probleme, in denen sich die
moderne Gesellschaft heute findet. Das gilt zum Beispiel für
Ökologiefragen. Das gilt für Probleme mit den Einzelmenschen, den
Individuen. Das gilt für den ganzen Bereich zunehmender
Therapiebedürftigkeit und vieles andere mehr.
Die eigentlich faszinierenden intellektuellen Entwicklungen finden deshalb heute außerhalb des Faches der Soziologie statt. Oder das ist jedenfalls der Eindruck, von dem ich ausgehe. Ich möchte daher zunächst einmal in einem kurzen ersten Teil versuchen zu zeigen, wie man in der Soziologie bisher mit systemtheoretischen Orientierungen gearbeitet hat und wie, in welchen Formen man dabei auf Grenzen, auf Sackgassen, auf prinzipielle Theoriekritik gestoßen ist und dann nicht weitergemacht hat.
Darauf wird dann ein relativ umfangreicher Teil folgen, in dem ich versuchen will, interdisziplinäre oder transdisziplinäre Theorieanstrengungen durchzusehen, um herauszubekommen und vorzuführen, was daran möglicherweise für Soziologie interessant sein könnte. Und in den abschließenden Überlegungen werde ich versuchen, aus diesen Theorieüberlegungen -- das können mathematische, psychologische, biologische, epistemologische, kybernetische und so weiter Quellen sein -- aus diesen Theorieüberlegungen Schlüsse zu ziehen für Ausgangspunkte soziologischer Theoriebildung.
Die Vorlesung wird also mit relativ abstrakten Theoriekonzepten enden, die dann im -- wenn ich sagen darf -- "soziologischen Alltagsbetrieb" auf ein forschungsfähiges Format erst noch zugeschnitten werden müssen. Also zum Beispiel Begriffe wie Zeit, oder Sinn, oder Handlung, oder System überhaupt, oder doppelte Kontingenz, oder Struktur und so weiter.“
Die eigentlich faszinierenden intellektuellen Entwicklungen finden deshalb heute außerhalb des Faches der Soziologie statt. Oder das ist jedenfalls der Eindruck, von dem ich ausgehe. Ich möchte daher zunächst einmal in einem kurzen ersten Teil versuchen zu zeigen, wie man in der Soziologie bisher mit systemtheoretischen Orientierungen gearbeitet hat und wie, in welchen Formen man dabei auf Grenzen, auf Sackgassen, auf prinzipielle Theoriekritik gestoßen ist und dann nicht weitergemacht hat.
Darauf wird dann ein relativ umfangreicher Teil folgen, in dem ich versuchen will, interdisziplinäre oder transdisziplinäre Theorieanstrengungen durchzusehen, um herauszubekommen und vorzuführen, was daran möglicherweise für Soziologie interessant sein könnte. Und in den abschließenden Überlegungen werde ich versuchen, aus diesen Theorieüberlegungen -- das können mathematische, psychologische, biologische, epistemologische, kybernetische und so weiter Quellen sein -- aus diesen Theorieüberlegungen Schlüsse zu ziehen für Ausgangspunkte soziologischer Theoriebildung.
Die Vorlesung wird also mit relativ abstrakten Theoriekonzepten enden, die dann im -- wenn ich sagen darf -- "soziologischen Alltagsbetrieb" auf ein forschungsfähiges Format erst noch zugeschnitten werden müssen. Also zum Beispiel Begriffe wie Zeit, oder Sinn, oder Handlung, oder System überhaupt, oder doppelte Kontingenz, oder Struktur und so weiter.“
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