Dienstag, 23. November 2010

Der Potter-Plotter: Alle Jahre wieder...


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Über zehn Jahre hinweg hat man mittlerweile verfolgen können, wie das Feuilleton sich zur Verfilmung der erfolgreichen Buchreihe verhält. Dieses Jahr hat man sich scheinbar darauf eingeschossen, die Aufteilung des siebten Buches in zwei Filme zu einem ganz besonders perfiden Trick zu erklären, um an das Geld des zahlenden Zuschauers zu kommen - nachdem man ihn vorher immer mit narrativem Fast Food abgespeist hat, nun also das extra teure Menü in zwei Gängen -, und außerdem noch einmal Gesinnungskritik zu treiben: die Zauberwelt ist prüde und elitär eingerichtet. Parallel dazu kommt kaum ein Boulevard und erst recht keine Internetpräsenz einer seriösen Tageszeitung aus, ohne die alljährliche Frischfleischbeschau: Emma Watson ist seit dem Shooting bei Ellen von Unwerth noch ein wenig leckerer geworden, Daniel Radcliff durfte im siebten Teil zwar gleich zweimal seinen Oberkörper präsentieren, doch hier ist die entsprechende Furore ist ja schon anlässlich von Equus niedergegangen und Rupert Grint, nun, von dem spricht irgendwie keiner... immerhin: zwei der drei Frischlinge sind ohne Verwachsungen aus der zehnjährigen Prüfung hervorgegangen.

Wie steht es denn nun um diesen Film, dessen Atmosphäre in der Süddeutschen erst ins homerische verklärt wird, um letztlich doch als reaktionär abgestraft zu werden?
Die Handlung ist schnell zusammengefasst: Der böse Lord Voldemort ist kurz davor, auf dem Gipfel seiner Macht anzulangen, entsprechend hat er die Zaubererwelt in eine Diktatur umgestaltet, und Harry, Ron und Hermi(o)ne müssen in bester Videospielmanier diverse Gegenstände finden, um endlich den Endboss zu besiegen. Letzteres wird allerdings erst in Potter 7.2. passieren.

Ein klassisches, austauschbares Fantasyvehikel also. Aber der Kenner des Genres weiß, dass es in diesem eben nicht um Plot geht, sondern darum, wie fantasievoll die einzelnen Elemente ausgestaltet werden. Der Film, wenn nicht gar die ganze Reihe, krankt an seinem blassen Schurken. Man hatte wohl das Gefühl, Voldemort im sechsten Teil ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, dennoch sinkt er hier auf das Niveau eines drittklassigen Cartoonbösewichtes herab, der in Bellatrix Lestrange und Lucius Malfoy auch noch zwei depperte Sidekicks im Gespann hat.

Angenehm wenig Zeit wird glücklicherweise auf die Voldemortsche Diktatur, ein Thema, das bereits im fünften Teil durchdekliniert wurde, verschwendet, für die man so manches visuelle Vorbild in der Filmgeschichte ausmachen könnte, irgendwo zwischen Metropolis und Brazil: in jedem Fall aber Bilderbuchdiktatur für das Kind im Potterfan.


Fein ist in der Tat die Beziehung zwischen Hermine und Harry geraten. Nicht nur während der Tanzszene fühlt man mit, wie diese beiden Figuren, in der langen Ruhe vor der Schlacht zusammenkommen. Harry sind zwar einige allzu pathetische Flachheiten bzgl. seiner Eltern in den Mund gelegt worden, aber es gibt Momente, die ein Gefühl von Endzeit vermitteln, wo es kurz so scheint, als könnten die Figuren tatsächlich aus dem Plotgefängnis ausbrechen, das ihnen auferlegt wurde.

Allerdings fragt man sich auch, mehr noch als schon bei der Lektüre des Buches, wieso eigentlich Harry mit Ron befreundet ist und mit Ginny anstelle von Hermine zusammenkommt. Ron ist spätestens seit dem dritten Teil der dauereifersüchtige Versager, dem ständig irgendwelche Nischen eingerichtet werden müssen, in welchen er wieder glänzen darf, um seine Anwesenheit zu rechtfertigen. Auch in diesem Film muss Harry wieder in die denkbar dämlichste Lage geraten, damit Ron wieder in seine Rolle als Retter stolpern darf.

Ausgesucht schön sind diesmal die Schauplätze, die allesamt jenseits des vertrauten Hogwarts, in düsteren Fels-und Schneelandschaften liegen. In David Yates drittem Beitrag zur Reihe ist der Look endgültig auf ein angenehmes, digitales fastschwarz festgelegt, welches in den vorherigen beiden Teilen noch im Kontrast zu der bunten Farbpalette von Hogwarts stand; das Erbe von Chris Columbus ist damit nun endgültig aus der Reihe getilgt.

Offen bleibt, ob Dumbledores homosexuelle Jugenderfahrungen aus dem Plot gestrichen, oder nur auf 7.2 vertagt worden sind, und man darf gespannt sein, ob es gelingen wird, den Kontrahenten Voldemort bis zur Entscheidungsschlacht noch einmal aufzubauen, insgesamt handelt es sich bei Potter 7.1 aber um eine, innerhalb ihrer Möglichkeiten, eher vielversprechende Vorlage zum Finale im nächsten Sommer.

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