Sonntag, 31. Oktober 2010

Phänomenologische Aufklärung II: Schmerz versteinert die Schwelle

Dass zwischen Martin Heidegger und Hannah Arendt der philosophische Eros mehr als nur Funken schlug ist wahrscheinlich einer größeren Zahl von Personen bekannt, als ihre Werke mit ungebremstem Verständnis gelesen haben. Keiner von Heideggers Interpreten aber hat bisher bemerkt, dass der verschmitzte messkirchener Charmeur heimliche und zugleich explizite Liebesbriefe an Arendt in seinen Werken verbarg. Aus deren Re-Lektüre wird nun erstmals ein tieferer Einblick in das intime Verhältnis der beiden Denker möglich. 
Ob man sich allerdings einen solchen Einblick wirklich gewünscht hat, muss erst die weitere Forschung zum Thema klären.


Hier eine entsprechende Passage aus "Unterwegs zur Sprache":

"Im Gewese des Versteinerns west allererst die Schwelle. 
Die Schwelle ist der Grundbalken, der das Tor im Ganzen trägt. Er hält die Mitte, in der die Zwei, das Draußen und das Drinnen, einander durchgehen, aus. Die Schwelle trägt das Zwischen. In seine Verläßlichkeit fügt sich, was im Zwischen aus- und ein-geht. Das Verläßliche der Mitte darf nirgend hin nachgeben. Der Austrag des Zwischen braucht das Ausdauernde und in solchem Sinne Harte. Die Schwelle ist als der Austrag des Zwischen hart, weil Schmerz sie versteinerte. Aber der zu Stein ereignete Schmerz hat sich nicht in die Schwelle verhärtet, um in ihr zu erstarren. Der Schmerz west in der Schwelle ausdauernd als Schmerz.
Doch was ist Schmerz? Der Schmerz reißt. Er ist der Riß. Allein er zerreißt nicht in auseinanderfallende Splitter. Der Schmerz reißt zwar auseinander, er scheidet, jedoch so, dass er zugleich alles auf sich zieht, in sich versammelt. Sein Reißen ist als das versammelnde Scheiden zugleich jenes Ziehen, das wie der Vorriß und Aufriß und das im Schied Auseinandergehaltene zeichnet und fügt. Der Schmerz ist das Fügende im scheidend-sammelnden Reißen. Der Schmerz ist die Fuge des Risses. Sie ist die Schwelle. Sie trägt das Zwischen aus, die Mitte der zwei in sie Geschiedenen. Der Schmerz fügt den Riß des Unter-Schiedes. Der Schmerz ist der Unter-Schied selber."
(UZS, 26f)

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